Standardsoftware vs. Individualsoftware

Gegenüberstellung der Vor- und Nachteile von Individualsoftware und Standardsoftware und Ableitung von Einsatzszenarien

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• Individualsoftware vs. Standardsoftware

In this guide

  1. Definition Standardsoftware vs. Individualsoftware

    Standardsoftware
    Individualsoftware

  2. Gegenüberstellung von Stärken, Schwächen, Chancen und RisikenZusammenfassung: Vorteile und Nachteile von Individualsoftware vs. Standardsoftware 
  3. Szenarien für die Wahl von Standardsoftware vs. IndividualsoftwareWann Sie sich für Standardsoftware entscheiden solltenWann Sie sich für Individualsoftware entscheiden sollten

Das Wichtigste in Kürze

Wann Sie sich für Individualsoftware entscheiden sollten:

Wenn es am Markt keine Standardlösung für Ihren individuellen Anwendungsfall gibt oder Sie Wettbewerbsvorteile durch eine Differenzierung von der Konkurrenz erreichen wollen.

Wann Sie sich für Standardsoftware entscheiden sollten:

Für alle standardisierten Geschäftsprozesse, die über viele Unternehmen oder in Ihrer Branche gleich sind, müssen Sie das Rad nicht neu erfinden.

Dieser Artikel soll Ihnen die Fragen beantworten, ob Sie sich für eine individuell entwickelte Softwarelösung oder eine Standardsoftwarelösung entscheiden sollten.

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Definition Standardsoftware vs. Individualsoftware

Vor der Gegenüberstellung von Vorteilen und Nachteilen von Individualsoftware und Standardsoftware, definieren wir deren jeweilige Bedeutung.

Standardsoftware

Standardsoftware, auch Commercial off-the-shelf Software (kurz COTS Software) genannt, wird für eine große Nutzerbasis entwickelt. Standardisierte Software bildet eine Vielzahl von Funktionalitäten ab, die auf einem gemeinsamen Anforderungskatalog verschiedener Unternehmen beruhen. Dadurch kann COTS Software als Paket geschnürt, vermarktet und kommerziell vertrieben werden. Bekannte Standardsoftware Beispiele sind Microsoft Office Produkte oder ERP-Lösungen von SAP oder Salesforce.

Individualsoftware

Individualsoftware, auch maßgeschneiderte Software oder im Englischen „Custom Software” genannt, wird speziell für die individuellen Anforderungen und Prozesse eines einzelnen Unternehmens entwickelt. Individualsoftware wird kundenspezifisch entwickelt, wenn es keine Standardsoftware auf dem Markt gibt, die die benötigten Funktionalitäten abdeckt. Unternehmen entscheiden sich für individuelle Softwarelösungen, wenn die Software für die Erbringung von Dienstleistungen oder die Sicherung eines Wettbewerbsvorteils unerlässlich ist.
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Gegenüberstellung von Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken

#1 Individuelle Anpassung

Standardsoftware eignet sich gut für standardisierbare Prozesse wie CRM, ERP und Buchhaltung, d.h. Prozesse, die in vielen Unternehmen ähnlich sind. Aufgrund der Wettbewerbssituation verfügen die meisten Standardlösungen über ein breites Spektrum an Funktionen. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass entscheidende Funktionen, die für Ihre spezifischen Geschäftsanforderungen elementar sind, möglicherweise fehlen. In einigen Fällen – meist abhängig von der Marktdurchdringung der jeweiligen Softwarelösung – gibt es Beratungs- und Entwicklungsunternehmen im Ökosystem der Hersteller, die Funktionserweiterungen und Anpassungen der Standardsoftware anbieten.

Individualsoftware hingegen ist speziell auf die Bedürfnisse eines einzelnen Unternehmens zugeschnitten und bleibt anpassungsfähig, auch wenn sich die Umstände ändern. Während des agilen Entwicklungsprozesses einer maßgeschneiderten Lösung können sogar mehrere Optimierungsmöglichkeiten bestehender Prozesse aufgedeckt werden, was zu einer höheren Produktivität führt. Maßgeschneiderte Software beinhaltet nur benötigte Funktionen, d.h. es muss für nichts bezahlt werden, was auch nicht genutzt wird.

#2 Flexibilität

Mit Individualsoftware haben Unternehmen die volle Kontrolle über den Entwicklungsprozess und sichern sich damit größere Flexibilität und Anpassungsmöglichkeiten. So können Sie im Rahmen Ihrer Anforderungsanalyse auf aktuelle und künftige Anforderungen reagieren und diese jederzeit in die Software integrieren. Das Entwicklungsteam kann selbst entscheiden, wann und wie oft die Lösung aktualisiert werden soll.

Dies steht in deutlichem Gegensatz zur Standardsoftware, bei der Nutzer nur sehr geringen oder gar keinen Einfluss auf die zukünftige Entwicklung der Softwarelösung haben. Individuelle Funktionen (Feature Requests) können zwar angefragt werden, es besteht aber keinerlei Einfluss auf deren Implementierung. Das ist dadurch begründet, dass der Softwareanbieter den Geschäftswert jeder neuen Funktionen im Vergleich zu den Entwicklungskosten bewerten und die Risiken der Einführung neuer Funktionen bei seinen Bestandskunden abwägen muss. 

#3 Schnittstellen und Integration in die Systemlandschaft

Standardsoftware bietet in der Regel nur begrenzte Möglichkeiten zur Integration mit anderen Softwarelösungen. Dabei kommt es immer auf die vorhandenen Schnittstellen an, die tendenziell zunehmen, je länger die Standardsoftware bereits auf dem Markt ist. Der Hersteller steht dabei im Interessenkonflikt zwischen einer Öffnung seiner Lösung im Sinne einer perfekten Integrierbarkeit versus möglicher Cross- und Up-Selling-Potenziale. Die Integration in Ihre bestehende Systemlandschaft kann dadurch ein komplexer Prozess sein, die erfordern kann, dass Ihre Geschäftsprozesse an die Software angepasst werden müssen.

Individualsoftware hingegen ist auf Ihre individuellen Bedürfnisse und Anforderungen zugeschnitten. Integration der maßgeschneiderten Lösung in bestehende Geschäftsprozesse ist damit per Definition gegeben. Dies ist insbesondere für Unternehmen relevant, die viele Bestandssysteme im Einsatz haben und kostspielige Schnittstellen vermeiden wollen. Maßgeschneiderte Software passt sich der IT-Landschaft und den Geschäftsprozessen an; nicht umgekehrt.

#4 Verfügbarkeit

Standardsoftware ist sofort zum Kauf oder zur Miete verfügbar. Standardsoftware wurde bereits von vielen Benutzern vor Ihnen auf Fehler getestet. Theoretisch sind Standardlösungen damit sofort einsatzbereit, in der Realität können sich aber Anpassungs- und Integrationsprobleme ergeben, bevor die Lösung vollständig in Ihre Geschäftsabläufe übernommen werden kann.

Während Lösungen von der Stange schnell Vorteile bringen können, dauert die Inbetriebnahme individueller Softwarelösungen, je nach Umfang der benötigten Funktionalitäten, Monate. Sie müssen aber nicht warten, bis alle Anforderungen erfüllt sind. Dank agiler Entwicklungsprozesse können Sie mit den wichtigsten Anforderungen beginnen und sie Schritt für Schritt den Anwendern bereitstellen.

#5 Schulungen und Dokumentation

Der Einsatz von Standardsoftware erfordert meist eine intensive Schulung aller beteiligten Mitarbeiter, um konsistente Geschäftsprozesse zu gewährleisten. Je nach Angebot des Herstellers stehen Produktinformationen, Anleitungen, Online-Hilfen, Dokumentationen, Communities, FAQ-Seiten und Schulungen in unterschiedlichen Formaten zur Verfügung.

Für Individualsoftware wurden sämtliche Anforderungen mit allen relevanten Stakeholdern durch individuelle Bedarfsanalysen herausgearbeitet. Eine einmalige Einführung in die neue Software ist meist ausreichend, da die Lösung für die Art und Weise bereitgestellt wurde, wie das Unternehmen die Anwendung auch nutzen möchte. Zudem ersparen Sie sich langwierige Trial-and-Error-Phasen beim „Fine-Tuning“ der Software, wie z. B. für E-Commerce-Suchmaschinen, da sie individuell auf den Anwendungsfall maßgeschneidert wurden.

#6 Support

Anbieter von Standardsoftware stellen im Rahmen ihrer Lizenzierung oder über einen separaten Vertrag Support zur Verfügung. Als Kunden erhalten Sie Zugang zu Ticketing-Systemen und speziellen Callcentern.

Wenn Sie sich für das Outsourcing der Entwicklung einer Individualsoftware an einen externen Software-Dienstleister entscheiden, können Sie auch hier dedizierten Support bestellen. Es stehen Ihnen Mitarbeiter des Entwicklungspartners zur Verfügung, die Ihre Lösung und Anforderungen aus dem gemeinsamen Entwicklungsprozess im Detail kennen.

#7 Kosten

Standardsoftware ist auf den ersten Blick preiswerter, da sie so konzipiert ist, dass sie einen Großteil der gewünschten Anwendungsfunktionen abdeckt und folglich von vielen potenziellen Nutzern eingesetzt werden kann. Die Entwicklungskosten verteilen sich somit auf eine große Kundenbasis und jeder Kunde zahlt nur einen Bruchteil der ursprünglichen Entwicklungskosten. Kosten fallen entweder einmalig an, mit wiederkehrenden Zahlungen für Wartung und Support, oder als Abonnement auf monatlicher oder jährlicher Basis. Die Kosten hängen meist von der Nutzerzahl oder dem Umfang der eingesetzten Module ab. Um die Lösung bei Bedarf an Ihre individuellen Prozesse anzupassen, können Zusatzkosten anfallen, wobei Preise für Berater ein Vielfaches von Softwareentwicklern betragen können.

Natürlich sind die Kosten für Individualsoftware im Vorfeld höher, da die Software ausschließlich für Sie entwickelt wird. Aber es handelt sich um eine einmalige Gebühr. Kosten entstehen durch Projektmanagement, qualitätsgesicherte Entwicklung und Support. Wenn Sie mit einem externen Entwicklungspartner bzw. Outsourcing-Dienstleister zusammenarbeiten, können die Kosten im Voraus fixiert werden.

#8 Lock-in-Effekte

Grundsätzlich gilt, dass Standardsoftware immer zu einem Lock-in-Effekt führt: Je nach Integrationsgrad in Ihre Geschäftsprozesse sind Sie für lange Zeit an ein Softwareunternehmen gebunden. Ein Anbieterwechsel, der die im Zeitverlauf geänderten Anforderungen besser abdecken würde, kann mühsam werden.

Bei Individualsoftware haben Sie keinen Locked-in-Effekt, da Sie jederzeit die Freiheit haben, Ihre Lösung entsprechend Ihren neuen Anforderungen weiterzuentwickeln. Es ist Ihre Software! Zudem können Sie Preiserhöhungen für Lizenzierung und Support von Standardlösungsanbietern vermeiden, was Sie weniger anfällig für deren Geschäftsentscheidungen oder Schicksalschläge macht.

#9 Datensicherheit

Der Datenschutz in Standardsoftware muss nicht immer auf dem neuesten Stand sein und entspricht nicht immer den Vorschriften Ihres Landes. Dies gilt insbesondere bei Lösungen, die global vermarktet werden.

Im Gegensatz dazu haben Sie die volle Kontrolle über den Datenschutz bei der Entwicklung von Individualsoftware, da sämtliche gesetzlichen Anforderungen und Vorschriften Ihres Landes als Anforderung berücksichtig wurden.

#10 Wettbewerbsvorteil

Entwicklung von Individualsoftware kann Ihnen die benötigten Wettbewerbsvorteile verschaffen, da Sie schneller, besser und kundenorientierter als Ihre direkte Konkurrenz agieren können.

Mit Standardsoftware haben Sie keine Möglichkeit, sich von Ihren Mitbewerbern zu unterscheiden. Einfach weil es Standard ist.

Zusammenfassung: Vorteile und Nachteile von Individualsoftware vs. Standardsoftware

StandardsoftwareIndividualsoftware

Anpassbarkeit

  • am besten für standardisierte Geschäftsprozesse geeignet
  • kundenspezifische Anpassungen sind möglich
  • direkt auf Ihre Bedürfnisse zugeschnitten

Flexibilität

  • sehr geringer bis kein Einfluss
  • volle Flexibilität, je nach Ihren Anforderungen

Schnittstellen

  • begrenzte Möglichkeiten der Integration
  • Prozesse müssen angepasst werden
  • per Definition nahtlose Integration gegeben

Verfügbarkeit

  • sofort verfügbar
  • Anpassungen können zeitaufwendig sein
  • Monate bis zur Inbetriebnahme
  • inkrementelle Releases durch agile Entwicklung möglich

Schulungen und Dokumentation

  • intensive Schulungen erforderlich
  • umfangreiche Dokumentation verfügbar
  • einmalige Einführung
  • kein „Fine-Tuning“ notwendig

Support

  • Support verfügbar
  • Support verfügbar

Kosten

  • anfangs günstiger
  • Anpassung durch teure Berater möglich
  • wiederkehrende Lizenzgebühren
  • höhere Anfangskosten
  • einmalige Investition

Lock-in Effekt

  • an den Anbieter gebunden
  • keine

Datensicherheit

  • abhängig von Umsetzung des Anbieters
  • volle Kontrolle

Wettbewerbsvorteil

  • keiner
  • alles ist möglich
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Szenarien für die Wahl von Individualsoftware vs. Standardsoftware

Wann Sie sich für Standardsoftware entscheiden sollten

Standardsoftware eignet sich insbesondere für standardisierbare Prozesse, die mit denen anderer Unternehmen vergleichbar oder Standard in Ihrer Branche sind. Standardsoftware Beispiele sind in den Bereichen Customer Relationship Management (CRM), Human Resources Management (HRM), Rechnungswesen und Enterprise Resource Planning (ERP) zu finden.

  1. Am besten geeignet für standardisierte Prozesse.
  2. Nach dem Kauf schnell nutzbar.
  3. Kostengünstig, wenn die Integration mit anderen Geschäftsprozessen überschaubar ist.

Wann Sie sich für Individualsoftware entscheiden sollten

Es gibt mehrere Gründe, warum sich Unternehmen für maßgeschneiderte Softwarelösungen entscheiden. Individualsoftware Beispiele sind über alle Branchen, Abteilungen und Geschäftsprozesse zu finden. Am häufigsten findet man individuelle Lösungen an der Schnittstelle zum Kunden, womit eine Differenzierung zur Konkurrenz möglich wird.
Individualsoftware ist in der Regel die einzige Lösung, wenn es auf dem Markt keine Softwarelösung gibt, die Ihre Anforderungen erfüllt.

  1. Wenn Geschäftsprozesse komplex oder einzigartig sind.
  2. Wenn hochsensible Daten geschützt werden müssen.
  3. Wenn individuelle Anpassungen, Integration in die IT-Landschaft und Flexibilität eine hohe Priorität haben.
  4. Wenn die Software für den Geschäftsbetrieb unerlässlich ist und einen Wettbewerbsvorteil verschaffen kann.
  5. Wenn Software Anforderungen der Kunden erfüllen muss.

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Robert Glaß

Robert Glaß

Robert ist Gründer und verantwortet die Geschäftsentwicklung bei Avantgarde Labs.

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